Travellog: Africa 2006

Eine Reise von Nairobi nach Johannesburg via Kilimanjaro

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Standort: Hamburg, Germany

Samstag, Februar 18, 2006

Kilimanjaro - Tag 5

Obwohl ich erstmals nicht gefroren habe, konnte ich trotzdem nicht schlafen, da irgendjemand noch Radio hören muss, ich nervös bin und dann auch schon die ersten Gruppen zur Vorbereitung aufstehen und sich über ihren Gesundheitszustand austauschen müssen. Es ist 23:00 Uhr und ich packe meine Sachen zusammen. Neben zwei paar Socken, habe ich vier Hosen an und fünf Schichten obernherum. Dazu kommt noch Gesichtsschutz, Mütze und Stirnlampe.

Keine Kopfschmerzen, nur leichte Magenprobleme. Wolfgang gibt mir einen Power Riegel, süss und ekelhaft, aber hilfreich. Es ist Vollmond, welch ein Timing. Wir brauchen die Lichter gar nicht, da es um Mitternacht ausreichend hell ist. Die Porter beleiben hier im Lager und wir gehen zusammen mit unserem Guide und drei Assistant Guides in Richtung Gipfel los. Jeder hat zwei Liter gekochtes Wasser dabei, welches noch warm ist. Die Gefahr besteht, dass es einfriert und somit hat es jeder in irgendeiner Art und Weise in seinem kleinen Rucksack verpackt und eingewickelt. Nachschub ist nicht möglich. Unser Zwischenziel ist es den Stella Point auf 5.745 m um 6:00 Uhr zu erreichen, d.h. 1.145 Höhenmeter in 6 Stunden zu machen.

Gegen 3:00 Uhr reduziert sich bedauerlicherweise unsere Gruppe um zwei Personen, da sie zu stark mit der Höhe zu kämpfen haben. Jacob begleitet sie zurück in das Camp. Bisher hatte ich die meisten Probleme, aber diese Höhenschwierigkeiten sind nicht einzuschätzen. Sie können einen plötzlich und brutal erwischen. Der Aufstieg ist hart, ich gehe ein ruhiges und ausgeglichenes Tempo. Trinken fällt schwer und wir haben seit einiger Zeit nichts mehr gegessen. Die körperlichen Reserven gehen langsam zu Ende und der fehlende Schlaf der letzten Nächte macht sich bermerkbar. Um 5:00 Uhr verliere ich mehr und mehr die Konzentration. Erschöpfung macht sich breit und immer wieder habe ich den Eindruck, dass ich gleich Bewusstlos werde. Der Anstieg ist inzwischen sehr steil geworden und das geröllige Terrain sorgt dafür, dass es bei zwei Schritten vor gleich wieder einen Schritt zurück geht. Zwischen 5:30Uhr und 5:45 Uhr wird mein Schritt so unsicher, dass der Assistant Guide Nico, welcher seit längerer Zeit bereits einen besorgten Blick auf mich geworfen hat, meinen Rucksack übernimmt. Er stützt mich bei den letzten 15 Minuten bis zum Stella Punkt hoch. Wie ich später erfahre, ist es Peter wohl ähnlich ergangen. Dies ist nicht vergleichbar mit Km 30 beim Marathon, aber die Reservenmobilisierung durch den Willen ist ähnlich. Ich habe im Nachhinein keine Ahnung wie ich es bis zu diesem Punkt geschafft habe, an viele Passagen dieser 6 Stunden kann ich mich nicht mehr erinnern. Nico, vielen Dank.

Nach ein paar Minuten verschnaufen an diesem Etappenziel, versuche ich mir ein paar Tropfen von einem Kreislaufmittel zu verabreichen. Ich bin der Bewusstlosigkeit recht nach, aber die Öffnung der Flasche ist zugefroren, so dass es bei einem erfolglosen Unterfangen bleibt. Glücklicherweise hat Peter noch einen Power Riegel übrig. Ich muss mich fast von dem Geschmack übergeben, aber er hilft. Nun realisiere ich wo ich bin und spüre die Kraft wiederkommen. Die ersten Glücksgefühle setzen ein und Endorphine werden freigesetzt.

Ich stürme nahezu los in Richtung Uhuru Peak auf 5.895m, dem Gipfel. Die anderen können es kaum glauben, was plötzlich mit mir los ist. Ich spüre keine Schmerzen mehr, die Atmung ist 100% vorhanden und ich werde von einem unglaublichen Gefühl überwältigt. Die Sonne geht mehr und mehr auf und formt das Wolkenmeer sowie die umliegenden Gipfel zu einer rot-gelben Traumlandschaft. Wir passieren Eisgletscher und Tränen schiessen mir in die Augen. Ich habe landschaftlich noch nie etwas so schönes gesehen, es brennt sich förmlich in mir fest. Ich drehe mich um, sehe die anderen, warte und doch zieht es mich unermüdlich weiter zum Gipfel.

Nach über einer Stunde, in der ich fast nur geweint habe, (den anderen erging es ähnlich), erreichen wir Uhuru Peak und haben es geschafft. Hier befinden sich auch noch andere Gruppen und wir machen die typischen Bilder. Das Wetter ist grandios, Sonne und ein eisiger Wind umgeben uns. Gegenseitig beglückwünschen wir uns und die Guides gratulieren.

Gegen 8:00 Uhr geht es auf den Rückweg in einem Höllentempo. Wir rutschen nahezu das Geröll hinunter und die Müdigkeit kommt wieder zum Vorschein. Zwischenzeitlich werden wir von Guides passiert, die einen an Höhenkrankheit leidenden Touristen runterschaffen. Er sieht übel aus. Im Barafu Camp erwarten uns bereits die anderen und meine Kopfschmerzen setzen wieder massiv ein. Wir ruhen uns eine Stunde aus und dann folgt der zweite Teil des Abstiegs von 4.600 m auf 3.100 m zum Mweka Camp. Unterwegs lassen auch die Kopfschmerzen nach und im Camp angekommen, gibt Peter auch gleich ein Bier zu seinem Geburtstag aus. Tut das gut!

Nach dem Abendessen folgt noch eine unschöne, aber typische Situation bei der Kilimanjaro-Besteigung. Es geht um das Trinkgeld. Unser Guide und wir sind sehr weit mit unseren Vorstellungen auseinander. Erneut verschieben wir unsere Entscheidung auf den nächsten Morgen.

Summary:
00:00 Uhr Barafu Hütte 4.600 m
06:00 Uhr Stella Point 5.745 m
07:30 Uhr Uhuru Peak 5.895 m
10:00 Uhr Barafu Hütte 4.600 m
16:00 Uhr Mweki Camp 3.100 m
Dauer: 14:00 h
Höhenmeter: 1.295 m hoch, 2.795 m runter

3 Comments:

Anonymous Anonym said...

Absoluter Wahnsinn! Meinen Respekt, alter Junge!!!!!!

5:27 PM  
Anonymous Anonym said...

Hört sich echt hart an!!! Besonders die kalten Nächte und das mangelnde Essen!!! Von der Höhenkrankheit kann ich auch ein Liedchen singen, beim AlpenRadmarathon, allerdings schon bei 2000m. Aber warum hast du eine Stunde geweint??? :-)
Wie hoch ist denn das Trinkgeld?
Gruß Mixe

6:02 PM  
Anonymous Anonym said...

Du bist der aller Größte!! Maximalen Respekt. Der Wille versetzt nicht nur Berge, sondern auch Simon auf den Kibo. Komm gesund wieder...

11:17 PM  

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